Die Welt des Border Terriers Charly
  Wie mein Vater auf den Hund kam
 

Wie mein Vater auf den Hund kam

In fast jeder Familie kommt der Wunsch nach einem anderen Haustier als Fische, Meerschweinchen oder Kaninchen von den Kindern.

So auch bei uns.

Irgendwann kam der Gedanke „Hund“ hoch und nach und nach wurde er immer lauter und öfter geäußert. Mein Vater schüttelte immer nur heftig mit dem Kopf und sagte: „Ein Hund kommt mir nicht ins Haus!“ Dabei stützte er sich auf die anfängliche Meinung meiner Mutter, wir hätten sowieso keine Zeit und sie habe keine Lust, dass die ganze Arbeit später mal an ihr hängen bleibt. Mein Vater fühlte sich auf der sicheren Seite und tat unsere Fragen irgendwann nur noch mit einem Kopfschütten ab. „Sollen sie doch jammern und betteln, wir haben uns entschieden!“

So ging das eine ganze Zeit, wir Kinder gaben schon fast auf auch nur an einen eigenen Hund zu denken und mein Vater machte es sich in unserem haustierlosen Zuhause gemütlich und fühlte sich sicher.

Bis zu dem Tag an dem er bemerkte, dass plötzlich drei Hundezeitschriften auf dem Tisch lagen und irgendwie sehr oft „Herrchen gesucht“ im Wohnzimmer lief. Vor dem Fernseher fand er dann uns drei Mädchen, was ja kein ungewohnter Anblick war, aber zu seinem Entsetzen hatte sich meine Mutter dazu gesellt und fachsimpelte mit uns Kindern über die vorgestellten Hunde und brach wie wir auch bei einigen in Begeisterungsschreie aus.

Was das für ein Horrorszenario für ihn gewesen sein muss. Seine vier Frauen saßen wie hypnotisiert vor dem Fernseher. Drei auf der Couch eine im Sessel und die Fernbedienung war unerreichbar, die wurde nämlich von einem von uns umklammert. Und er stand hilflos im Flur und sah seine ruhigen Tage dahinschmelzen.

Bei meiner Mutter hatte sich nämlich kurzerhand der Gedanke an einen Hund im Kopf eingenistet und wurde immer größer, bis er sogar den unseren überholte.

Von jetzt an beherrschten diese Fragen unsere Gespräche: „Wie groß soll er sein?“ „Welche Felllänge sollte er haben?“ „Rüde oder Hündin?“ „Tierheim oder Züchter?“ „Rasse oder Mix?“ „Wie wird erzogen?“ „Wer macht was wann?“

Doch mein Vater schaffte es sämtlichen Entscheidungen mit einem strikten „NEIN“ zu verbannen stellte sich einfach quer und sagte rigoros: „Wenn ihr einen Hund holt, dann bin ich weg!“

In Anbetracht solcher Worte dämpfte meine Mutter unsere Vorfreude auf einen baldigen Familienzuwachs. Einen Hund konnten wir uns also erstmal abschminken.

Aber die Hoffnung blieb. Wenn unsere Mutter schon soweit war, mit uns über essentielle Fragen zu diskutieren, dann hatten wir vielleicht doch noch eine Chance. Denn der Wunsch nach Hund konnte doch nicht von hier auf jetzt verschwinden, außerdem ist unsere Mutter keine Frau, die sich so schnell etwas ausreden oder gar verbieten lassen würde.

Also bohrten wir rücksichtslos weiter mit dem Ziel unsere Mutter wieder auf unsere Insel der Hundewünsche zu hohlen. Aus Rücksicht auf unseren Haussegen brachten  wir das Thema aber immer nur auf, wenn unser Vater gerade nicht anwesend war. Am Anfang stand bei ihr wieder das „Nein“, doch wir bohrten so lange weiter, bis ihr ein „Aber euer Vater...“ zu entlocken war – und das war unser Startsignal. Sie wollte also doch!

Und irgendwann war Hund wieder Gesprächsthema. Ich weiß nicht, wie wir oder meine Mutter das geschafft haben, aber plötzlich beteiligte sich auch der potentielle Hundegegner an unseren Diskussionen.

Jetzt gaben wir richtig Gas. Fragen über Haltung, Erziehung und Zuständigkeiten wurden geklärt. Ein Hundebuch musste her und die ersten Tierheime wurden ausfindig gemacht.

Die Abwehr meines Vaters wurde mehr und mehr geschwächt. Begeistert war er immer noch nicht, doch das war uns egal.

Und schließlich gab es seinerseits nur noch eine Bedingung: „Kein Mischling, sondern Rassehund.“

Damit konnten wir leben, und für denn Fall, das wir keine passende Rasse finden oder uns in einen süßen Mischling verlieben würden, wäre diese Hürde leicht zu knacken!

Also begann jetzt offiziell die Suche nach DEM Hund.

Kriterien:

1) Knie hoch

2) so wenig Haaren wie möglich

3) die Arbeit machen wir

Wir begannen die umliegenden Tierheime abzuklappern und saßen Samstag Abends vor dem Fernseher. Potentielle Kandidaten gab es viele doch bevor wir uns festlegen und entscheiden konnten verliebte sich meine Mutter.

Nachbarn von Bekannten kamen eines Tages mit einem fast knie hohen, rauhaarigen, schwarzen, robusten Rüden an und es war um meine Mutter geschehen. Jetzt gab es nur noch eine Rasse: den Border Terrier.

Und da er ein witziger und süßer Kerl und zudem auch noch ein Rassehund war stand unsere Entscheidung fest und auch mein Vater hatte keine Einwände mehr. Ein halbes Jahr später war er da und der große Streit um den Namen auch.

Pat vom Hengstbachtal so sein Zuchtname. Mein kleine Schwester war für Pedro, weil es doch ein P-Wurf war. Doch wir sagten „Nein“, hatten wir doch keinen schwarzen sondern einen red-grizzle Border Terrier und Pedro passte für uns eher auf einen schwarzen.

Ich war für Spike und prompt kam von meiner Schwester „Spike  heißt die Bulldogge von Tom&Jerry, wir haben doch keine Bulldogge!“

Letztendlich einigte man sich auf „Charly“, klingt nett und süß und unser Charly war ja auch nett und süß. In Anbetracht seiner späteren Entwicklung hätte „Spike“ besser gepasst, aber das ist eine andere Geschichte. Meine Mutter trauert heute, dass man als Welpe seine Haarlocke über der Stirn noch nicht gesehen hat, ansonsten hätten wir ihn „Elvis“ genannt. Aber da wär ich mir doch ein bisschen blöde vorgekommen mit einem Hund namens Elvis...Dann stehe ich auf dem Feld und brülle „ELVIS hier her!“ na ich weiß nicht.

Nagut, wir hatten also einen Charly und er wurde heiß geliebt. Meine Mutter brachte es sogar soweit sich auf den Boden zu schmeißen um ihn zu begrüßen. Das war ein Anblick, meine Mutter (und in meiner Familie sind wir alle recht groß) liegt im Flur und der winzige Hund (also Welpe war er nicht größer als ein Turnschuh) springt völlig begeistert um sie rum. Ja, soweit kann Tierliebe gehen.

Meinen Vater, der Anfangs immer noch ein bisschen skeptisch war, wickelte Charly in kürzester Zeit um den Finger. Mit schiefem Kopf, Quietschen und Hundeblick schlich er sich in meines Vaters Herz und hat es bis heute nicht verlassen.

Keine Rede mehr von „Euer Hund“, „Geht mal raus“...Nein, Charly war plötzlich sein Hund und wenn mein Vater von der Arbeit kam war sein erste Frage „Wo ist Charly?“ und da kam der Kleine auch schon angeflogen und tanzte vor Freude im Kreis. Wenn mein Vater früher von der Arbeit kam und wir sofort auf ihn losstürmten und eine Frage oder Bitte hatten, kam ein „Lasst mich doch erstmal nach Hause kommen und danach bin ich für euch da!“ Worauf er seine Tasche zur Treppe trug und seinen Mantel und die Schuhe auszog.

Bei unserem Hund ist es anders. Da liegt die Tasche so lange im Flur, bis sich die beiden zu Ende begrüßt haben, dann legt er sein Zeugs weg und dann kommen wir.

Ja, so schnell geht das.

Aber es geht noch weiter, eines Tages verknackste sich unser aller Schatz die linke Vorderpfote und humpelte ein paar Tage. Wir alle waren sorgsam darum bedacht, dass es schnell vorbeigeht und er keine Schmerzen hat, also wurde er betüddelt und geschont. Das ließ er sich gerne gefallen und besonders mein Vater achtete sorgsam darauf, wie es dem kleinen Charly geht und er wurde um so mehr gestreichelt und umsorgt.

Auf jeden Fall von ihm. Wir vier Frauen bemerkten schnell, dass Charly nach einer Woche nicht mehr humpelte und forderten ihn von Tag zu Tag mehr, bis er wieder normal lief. Sobald aber mein Vater das Haus betrat, humpelte ihm das kleine Schlitzohr entgegen und setzte sich wie ein Häufein Elend in den Flur und hob die linke Pfote hoch (eine Pose, die er bis heute beibehalten hat). Wir brauchten eine weitere Woche um unserem besorgten Herrn im Haus klar zu machen, dass Charly ihm nur Theater vorspielt. Denn sobald er weg war, konnte der Hund plötzlich wieder laufen.

Ja, das kann aus der Meinung „Mir kommt kein Hund ins Haus“ werden. Denn daraus wurde die Meinung „Der Hund bleibt hier“.

Als Beispiel: in meiner Familie bin ich es, die ihn am meisten erzogen hat und auf den Hundplatz geht. Nun bin ich aber gezwungen zu Hause auszuziehen und äußerte den Wunsch den Hund mitzunehmen. Woraufhin mich ein völlig entsetzter Blick, nicht von meiner Mutter, nein, von meine Vater traf: „Das ist mein Hund, der bleibt hier!“

Tja, so kam mein Vater auf den Hund. Kein Hund, unser Hund, sein Hund...

Und seit einem halben Jahr liebäugle ich mit einem Zweithund worauf mich von meinem Vater ein misstrauischer Blick traf: „Wir haben schon einen Hund. Der reicht. Ein zweiter kommt mir nicht ins Haus!“

Aber ich Wette, wenn ich nicht wegen meiner Ausbildung ausziehen, sondern zu Hause wohnen bleiben könnte, dann hätte ich nächstes Jahr einen zweiten...

*gelle Papa?*

 
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